Anfang November war ich auf dem Kongress „Mentales Stärken“ in Würzburg. Eine mentale Stärke, das haben Spitzensportler oder Menschen, die eine Herausforderung gemeistert haben.
Doch was ist damit konkret gemeint und kann jeder seine mentale Stärke stärken?
Mentale Stärke besteht aus einem ganzen Bündel von positiven Eigenschaften, um mit schwierigen Situationen, Stress, und Herausforderungen umzugehen. Im Sport geht es oft darum, sich von Rückschlägen und Misserfolgen nicht entmutigen zu lassen. Stattdessen können sie als Lernchancen gesehen werden, um sich selbst weiterzuentwickeln und sich immer wieder aufzurappeln. Dazu gehört, sich selbst zu motivieren und sich realistische Ziele zu setzen.
Aus den vielen Vorträgen und Workshops, die ich besucht habe, hier eine kleine Auswahl meiner Erfahrungen und Gedanken dazu.
Gescheitert und gescheiter liegen nur einen Buchstaben voneinander entfernt
So ging es in der Keynote von Ortwin Meiss um den ‚kreativen Umgang mit Fehlschlägen und Niederlagen‘. Er arbeitet unter anderem mit Sportlern, doch seine Beispiele lassen sich gut in andere Bereiche übertragen. Besonders gut ist mir diese Antwort auf eine Frage in Erinnerung geblieben „Haben erfolgreiche Menschen eine Erfolgsstrategie?“ Ja, nach seiner Erfahrung erzählen die immer von Misserfolgen. „Daraus habe ich gelernt und daraufhin das und das anders gemacht.“ Im Alltag vermeiden es die meisten Menschen, so offen von ihren Misserfolgen zu erzählen. Dabei sind es wertvolle Lernerfahrungen. Denn Misserfolge sind, so Ortwin Meiss, nur so lange interessant, bis man was daraus gelernt hat.
Lieber mutig sein, einen Fehler oder einen Misserfolg zu riskieren als es erst gar nicht probiert zu haben. Wir bereuen weniger das, was uns missglückt ist, als das, was wir erst gar nicht probiert haben.
Allerdings brauchen Fehler oder Mißlungenes Zeit zur Verarbeitung. Mal etwas länger, mal kürzer. Je nachdem, wie die Auswirkungen waren und je nach Persönlichkeit. So fällt es dem einen leichter, wieder nach vorne zu schauen und wieder in die eigene Energie zurückzukommen. Ein anderer braucht dazu länger oder auch Unterstützung.
Achten Sie mal darauf, wohin sich der Fokus richtet. Ins Jammern zu verfallen, das ist leider weit verbreitet und kann darin gipfeln, anderen die Schuld für etwas zuzuweisen. „Wer die Umstände verantwortlich macht, macht sich selbst hilflos,“ so Meiss. Kein guter Zustand.
‚Jammern ist Dinosaurierkacke‘. Schauen Sie lieber, wie sich der Blick wieder nach vorne richten lässt.
Gescheitert und gescheiter, so Ortwin Meiss, liegen nur einen Buchstaben voneinander entfernt.
Vom Buchstabentausch geht es direkt weiter zum Schreibworkshop.
Wann haben Sie das letzte Mal 10 Minuten am Stück geschrieben?
Im Hypnowriting schreiben Sie – mit der Hand! Aber was ist Hypnowriting überhaupt?
Hypnowriting ist ein Begriff, der aus der Kombination von „Hypnose“ und „Schreiben“ entstanden ist. Es bezieht sich auf eine Technik, bei der Hypnose und Schreiben kombiniert werden, um einen tieferen Zugang zum Unterbewusstsein zu erreichen und kreatives oder therapeutisches Schreiben zu fördern. Diese Schreibmethode wurde vom Psychologieprofessor James Pennebaker entwickelt. Nachdem er selbst eine Lebenskrise durchmachte, entdeckte er die Wirksamkeit des Schreibens zur Bewältigung dieser Belastungen. Bei Ursula Neubauer habe ich diese Methode in einem Workshop kennengelernt.
Diese Technik ist mit dem expressiven Schreiben verwandt, bei dem ohne Punkt und Komma zu einem bestimmten Thema geschrieben wird. Ohne den Stift abzusetzen (genau, schreiben mit der Hand!), ohne auf Punkt und Komma zu achten.
Hypnose erlebten wir in dem Sinne, dass wir mit einer angeleiteten Entspannung in den Schreibprozess starteten. Das ist hilfreich, aber nicht zwingend notwendig, um diese Art des Schreibens für sich zu erkunden.
Danach wurde geschrieben. Ununterbrochen zu einem Thema, maximal für 10 Minuten. Länger geht es meistens gar nicht, die Hand will dann nicht mehr. Es gilt, beim Schreiben nicht abzusetzen, denn dadurch driftet man wieder in übliche Gedanken ab oder fängt an, das Geschriebene zu bewerten. Stattdessen haben unterstützende und hilfreiche Gedanken die Chance, auf das Papier zu gelangen. Es ist wirklich spannend, in so einem meditativen Schreibzustand zu sein.
Ursula Neubauer nannte es auch: „Ich lasse es schreiben.“
Diese Form des Schreibens entlastet, denn es ist egal, ob man es danach noch einmal anschaut. Oder ob es leserlich ist. Ich konnte das, was ich geschrieben hatte, nur mit Mühe lesen.
Abstand gewinnen, in eine Beobachterrolle wechseln
In so einem Schreibprozess gelingt es leichter, in eine Beobachterrolle zu kommen, sich von aussen zu betrachten. Mit diesem Abstand gelingt es, Erfahrungen zu bearbeiten und Emotionen zu regulieren. Wenn es um eine Entscheidung geht oder um Klarheit zu gewinnen, kann man in einen Dialog mit dem inneren Coach (ja, jeder hat den!) treten. Der Fokus liegt dabei immer auf dem, was hilfreich ist.
Für den Anfang ist eine Anleitung sicherlich hilfreich. Dazu habe ich auf der Webseite von Ursula Neubauer eine Tagebuchbox mit dem Titel „Gestärkt statt gestresst“ entdeckt. Wenn Sie jetzt neugierig geworden sind und mehr wissen wollen, können Sie auf der Seite auch zwei Interviews mit ihr hören bzw. ansehen.
Insgesamt eine Methode, die nichts kostet (ausser der Zeit und Papier und Stift) und die das Potenzial hat, die Selbstwirksamkeit zu stärken oder um auf neue Ideen zu kommen.
Schauen Sie dazu auf meine 5 Tipps zur mentalen Stärke.
Mentale Stärke ist nicht angeboren – aber sie kann trainiert werden
Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass mentale Stärke nicht angeboren ist. Sie kann entwickelt und gestärkt werden. Etwa, indem positive Bewältigungsmechanismen erlernt werden, um mit Stress und schwierigen Emotionen umzugehen und sich wieder auf Lösungen zu konzentrieren. Hierbei spielt Selbstreflexion eine wichtige Rolle, um seine Denkmuster zu erkennen und sie zu verändern.
Durch das Trainieren von mentaler Stärke kann man besser mit den Herausforderungen des Alltags umgehen und sich seine positive mentale Gesundheit erhalten.
Das bringt mich zum Workshop von Andreas Wismek „Mut, Hoffnung und Zuversicht fördern – neue Mindsets braucht das Land!“ Dort ging es um unsere Einstellungen und den Umgang mit sich selbst – als Führungskraft – und wie sich das auf das Umfeld und die Mitarbeiter auswirkt.
Hier ist mir ein Satz glasklar in Erinnerung geblieben: „Wir sind Wissensriesen, aber Umsetzungszwerge!“ Das höre ich oft in meinen Workshops und Seminaren. „Ja, kenne ich, habe ich schon gehört.“ Interessant, sage ich dann. „Was tun Sie damit? Was haben Sie wie umgesetzt und wie sind die Erfahrungen?“ Das ist leider oft recht wenig.
Wissen ist der erste Schritt, doch die Bequemlichkeit hindert uns oft daran, etwas zu üben und zu trainieren. Doch was verändert sich schon von allein?
Das ist der Unterschied zwischen einem Profi und einem Amateur, so Wismek. Der Profi übt, er sagt nicht: „Oh, das habe ich schon mal gehört und weiß es.“ Er macht, probiert, verbessert sich.
„Veränderung“; so Wismek, ist unbequem. Doch Zukunft, das sind Möglichkeiten und Chancen. Nicht nur Ängste und Unsicherheiten. Jeder kann seinen eigenen kleinen Beitrag leisten. Das gilt natürlich in erster Linie für Führungskräfte, doch nicht nur. Jeder kann in seinem privaten und beruflichen Alltag etwas beitragen. Etwa im Umgang mit anderen Menschen – ist dieser offen, zugewandt und ermutigend? Oder das krasse Gegenteil?
Wer immer nur daran denkt, was alles passieren kann, bewegt sich im Problemtunnel. Das Denken wird immer enger und es färbt auf andere ab. Was Menschen bestärkt, ist sich kompetent und wirksam zu erleben. Ob im Beruf, im Umgang mit Kollegen, in der Familie oder mit sich selbst. Lernen wir das überhaupt?
Mein Fazit
Der Kongress bot erneut Anregungen, wie viele Möglichkeiten es gibt, seine mentale Gesundheit zu stärken. Ich habe hier nur eine ganz kleine Auswahl getroffen. Vieles, was ich neu oder vertiefend kennengelernt habe, wird mit in meine Seminare, ins Coaching und in meine Gespräche einfliessen.
Meine 5 Tipps runden diesen Beitrag ab. Damit Sie vom Wissen ins Tun kommen. Denn eins ist klar – mentale Stärke braucht Training, für turbulente Zeiten wie diese erst recht! Mental stark zu sein bedeutet für mich, trotz Schwierigkeiten zuversichtlich zu bleiben. Selbst wenn es manchmal schwer fällt.
Fünf konkrete Tipps für mehr mentale Stärke im Alltag
- Achtsamkeitspraxis: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit für achtsame Übungen wie ein kurzes Innehalten im Alltag, um wahrzunehmen, wie es Ihnen gerade geht. Oder für eine Atemübung oder für bewusstes Essen. So lernen Sie, den Moment zu genießen, können Anspannung abbauen und ganz nebenbei die Konzentration verbessern
- Mentale Stärke befähigt dazu, schwierige Situationen als Herausforderungen anzunehmen und nach Lösungen zu suchen. Das können Sie mit einer Visualisierung üben: Stellen Sie sich eine Situation vor, wie Sie eine zukünftige Herausforderungen erfolgreich meistern. Von Beginn bis zum Schluss. In allen Details, mit den damit verbundenen Bewegungen, Gefühlen, Farben – so als ob Sie im Kino sitzen und eine Filmsequenz sehen. Visuelle Vorstellungen von positiven Ergebnissen stärken die Zuversicht und verbessern ihre Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen.
- Selbstfürsorge: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit für sich selbst. Das beinhaltet die physische und mentale Gesundheit. Regelmäßige Bewegung wirkt sich auf die Stimmung aus. Eine gesunde Ernährung gehört dazu, ausreichend Schlaf und Entspannung. Die mentale Gesundheit profitiert von dem, was Ihnen Freude bereitet. Nehmen Sie sich Zeit dafür! Indem Sie gut für dich selbst sorgen, werden Sie widerstandsfähiger gegenüber Stress und bauen mentale Stärke auf.
- Selbstreflexion, etwa mit einem Tagebuch oder mit dem Hypnowriting: Nehmen sie sich regelmäßig Zeit, um Ihre Gedanken und Emotionen zu reflektieren. Schreiben Sie in ein Tagebuch, um Erfolge, Lernerfahrungen und persönliche Wachstumsmomente festzuhalten. Es kann auch die Form eines Dankbarkeits-Tagebuchs haben, indem Sie jeden Tag 3-5 Momente eintragen, für die Sie dankbar sind. Es können ebenso kleine freudige Erlebnisse sein. Diese Selbsterkenntnis fördert nach und nach eine positive Einstellung.
- Der letzte Tipp greift indirekt eine Frage aus dem letzten Workshop auf: Wie sprechen Sie mit sich selbst? Sind es positive und motivierende Gedanken oder Sätze? Oder eher das Gegenteil? Positive und zuversichtliche Sätze sollten zu Ihnen passen. Probieren Sie mal für jede Woche einen Satz, den Sie isch aufschreiben, laut aussprechen oder sich – siehe Tipps 3- ein Bild dazu machen. Folgende Beispiele habe ich aus dem „Selbstwertgenerator“ vom Carl Auer Verlag, der super viele Kombinationen ermöglicht, so dass mit Sicherheit für jeden etwas Passendes dabei ist:
- ‚Ab jetzt erkenne ich, dass ich schneller spüre, was mich stärkt oder was mich schwächt.‘
- ‚Ohne Frage begreife auch ich, dass ich die Macht über meine Gefühle nicht aus der Hand gebe.‘
- ‚Mühelos geht mir das Licht auf, dass in meiner Unvollkommenheit ein enorm hohes Lernpotenzial steckt.‘
Diese Tipps können in den Alltag integriert werden, um die mentale Stärke zu trainieren und sie nach und nach zu stärken. Am besten ist es, eine Routine aufzubauen. Suchen Sie sich einen Tipp heraus, der Sie direkt anspricht und sammeln Sie damit Erfahrungen. Reflektieren Sie diese ebenfalls nach ein oder zwei Wochen, um festzustellen, was sich im Alltag verändert hat.
Ich wünsche dazu neugieriges Erkunden und gutes Dranbleiben!
Was sind Ihre Erfahrungen mit mentaler Stärke? Schreiben Sie mir doch direkt mail@margit-reinhardt.de.